Das Ziel ist das Ziel – Mexico

Alleine sitze ich hier in meinem Hotelzimmer in Cotahuasi (Peru) und versuche, noch ganz die überwältigenden Eindrücke Perus verarbeitend, mich an die Zeit auf dem mexikanischen Festland zu erinnern, und darüber zu schreiben. 

Ich schaue mir die vielen Fotos an und Erinnerungen an betäubende Hitze, kilometerlange Langeweile auf dem Fahrrad und fade Tortillas werden wach. Ich klicke mich weiter durch die Fotos und erinnere mich an die Begegnungen mit wunderbaren, herzlichen und hilfsbereiten Menschen.

Ich sehe wieder die bunt angestrichenen Häuser Guanajuatos, die alten restaurierten und unrestaurierten Gebäude der Kolonialstadt Zacatecas. Ich denke etwas wehmütig an die gemeinsame Zeit mit Maren, Christian und Tomte zurück.

Guanajuato

Zacatecas

Ich erinnere mich daran, wie ich anfänglich so grosse Angst hatte, mich auf dem mexikanischen Festland zu bewegen. Von allen Seiten drohten Gefahren. Im Bundesstaat Zacatecas, eine, laut Auswärtigen Amtes, NoGo Area für Touristen, fragte ich einige der dort lebenden Menschen nach der Gefahr, und sie gaben mir konkrete Antworten.

„Zacatecas ist eine der Hauptrouten der Drogentransporte. Wer sich nachts auf den Ueberlandstrassen aufhält, macht sich in den Augen der Kartelle verdächtig. Sie wollen in Ruhe „arbeiten“. Und damit sie auch sonst in Ruhe arbeiten können, lassen sie die Finger weg von Touristen, denn wenn diese zu Schaden kommen, würde das ziemliche Unruhe verursachen.“

Danach fühlte ich mich sicher. Meistens jedenfalls. 

So kann ich noch heute die Angst nachempfinden, als ich im Bus von Sombrerete nach Zacatecas sass. Alle anderen Passagiere stiegen in Fresnillo, dem einzigen Zwischenhalt und der unsichersten Stadt ganz Mexikos, aus. Niemand stieg ein. Und nun sass ich ganz alleine in diesem Bus. Das Kopftheater ging los und drehte sich um Entführung, Lösegelderpressung und Vergewaltigung.

Und als der Bus an der Ausfahrt „Zentrum Zacatecas“ vorbeifuhr, wurde mir ganz schlecht. 

Doch der Busbahnhof lag ausserhalb des Zentrums und dort setzte mich der Busfahrer dann auch ganz normal ab. 

Wildcampen ist für mich ein wichtiger, wunderbarer Teil einer Radreise. Und das ist nahezu unmöglich in Mexico. Es ist einfach zu gefährlich. Und so war ich immer abhängig von Menschen, die mir einen sicheren Platz zum Uebernachten anboten. Ich schlief in einem ausrangierten Krankenwagen des Zivilschutzes in Sombrerete.

Ich schlief in einem Gastraum der Polizei in Nombre de Dios, der nachts zugeschlossen wurde. In Vicente Guerrero bezahlte die Feuerwehr tatsächlich ein Hotelzimmer für mich, weil sie der Meinung waren, es sei zu kalt für mich im Zelt auf ihrem Gelände. 

Als ich einmal tatsächlich keinen Platz zum schlafen fand, und es schon langsam dämmerte, bin ich etwas verzweifelt zur Polizei gefahren. „Tengo un problema – Ich habe ein Problem“

Und der Chef der Polizei sagte sinngemäss, dafür seien sie da, Probleme zu lösen. 

Sie verfrachteten Charlotte und mich in ein Polizeiauto, fuhren mich zu einem Hotel in der nächsten Stadt. Was das koste, fragte ich und bekam als Antwort, darüber soll ich mir keine Gedanken machen. 

Einem Mexikaner hätte die Polizei auf diese Art und Weise niemals geholfen. 

Kurz vor der Regenzeit, präsentierte sich die ausgedörrte Landschaft in unterschiedlichen Gelb-und Brauntönen. Ausgezerrte Kühe versammelten sich an ausgetrocknete Flussläufen und die Maispflanzen liessen erschöpft ihre Köpfe hängen.

Auch ich liess erschöpft den Kopf hängen, quälte mich kilometerweise vorwärts.

Nach monatelanger Trockenheit verzehrte sich alles noch Lebende sehnsüchtig nach erlösendem Nass, welches nicht kam.

In Mexico war somit nicht der Weg das Ziel, sondern das Ziel das Ziel. 

Und das Ziel war schön. Sei es so unglaublich tolle Warmshowerhosts, wie Sandra und Francisco in Zacatecas, Billy und Ari in Guanajuato oder Miguel in Aguas Calientes.

Seien es die freundlichen Feuerwehrleute in Zitacuaro,

sei es eine gemütliche Unterkunft, die ich mir mit Maren, Christian und Tomte teilte. Seien es die Menschen, die mir einen Platz zum Schlafen anboten und wir noch einen interessanten, gemütlichen Abend hatten. 

Auch auf dem mexikanischen Festland verbrachte ich wieder viel Zeit mit Maren, Christian und Tomte. Ein wunderbare Zeit mit einer wunderbaren Familie. 

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Mitzuerleben, wie Tomte mehr und mehr verstand, wie er Kontakt zu anderen Kindern suchte und herzlich aufgenommen wurde. Wie er auf Entdeckungsreise ging, kurz Bescheid sagend, zurückwinkte, und dann losmarschierte.

Und wenn er manchmal weinte, dann nicht aus einer inneren Unzufriedenheit heraus, sondern weil er sich weh getan hat oder weil er Hunger hatte oder müde war. Manchmal war er wütend, weil wir weiter mussten oder wollten und Tomte lieber noch mit seinem rosa Bobbycar spielen wollte. 

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Auch Sonnencreme fand er nicht so dolle.

Sie sind nun in Spanien, auf dem Weg zurück nach Deutschland auf Heimatbesuch, bevor es dann einige Monate später wieder losgehen soll. 

Auch traf ich in Mexiko Stadt nach sechs Jahren Pepa, meine liebe Freundin aus Argentinien wieder. Wir blödelten seit Jahren herum, dass wir uns in Mexico wiedersehen, kaum wirklich daran glaubend. 

Und doch geschah es. 

Ich besuchte unzählige Galerien und Museen zeitgenössischer Kunst, denn davon hat Mexico sooo viel zu bieten. 

Nur eines habe ich aufgrund eigener Dusseligkeit verpasst: Das wichtigste: das Frida-Kahlo-Museum in Mexiko Stadt. Da ich nicht die einzige war, hätte ich mich schon Wochen vorher anmelden müssen….

Aber wenigstens besuchte ich das Geburtshaus Diego Rivieras, ihrem Ehemann, in Guanajuato.

Der Flug nach Lima rückte näher und ich wurde immer nervöser. Kommt das mit dem Alter?

„Was ist, wenn????“—- und ich schrieb am Drehbuch fürs Kopfkino lauter Horrorszenarien. 

Eigentlich sollte ich doch mit dem Alter immer gelassener werden, weil ich doch auf immer mehr gute Erfahrungen zurückschauen kann. Aber nein. 

Ich landete pünktlich in Lima mit all meinen Sachen, baute Charlotte am Flughafen zusammen und fuhr nachts um halb zwei zu meinem Hostal. Eine neue Reiseepoche, unglaublich abenteuerlich, anstrengend und herausfordernd, nahm ihren Anfang.

Zwischen den Zeilen

was sonst noch war…

Maistortilla herstellen in Zacatecas

Einen Vormittag durfte ich mit meiner Kamera bei der Maistortilla-Herstellung dabei sein.

Besuch bei Karen

Karen ist eine Freundin von einer Freundin von Maren. Sie lebt seit 20 Jahren in Mexico und hat sich dort mit ihrem Freund ein kleines Paradies erschaffen.

Die Schweisserwerkstatt von Karens Freund

Ich hätte hier noch Tage mit meiner Kamera verbringen können

Arbeitswelten

Danke, dass ich meine Kamera zücken durfte

Sombrerete

Es fand die Wahl der Schönheitskönigin und Repräsentantin der Stadt statt. Sechs Frauen traten gegeneinander an. Sie repräsentierten sich in unterschiedlichen Kostümen, stellten sich vor und wurden von ihren AnhängerInnen frenetisch bejubelt.

Semana Santa in Taxco

Die Osterwoche verbrachte ich zusammen mit Maren, Christian und Tomte in Taxco. Jeden Abend gab es hier Umzüge, bei denen die Gläubigen das Leiden Jesus nachlitten.

Miguel und seine fotogene Wohnung in Aguas Calientes

einfach schön

Grippe in Zacatecas und Mexico Stadt

Autos

wie vor 40 Jahren in Deutschland fahren hier die alten VW-Käfer und andere herum.

Streetfood

es gab auch wirklich sehr leckeres Essen

Augenblicke

Frauenabteile in Bussen und Bahnen in Mexico-Stadt

Essen für Maren, Christian, Tomte und mich

manchmal lieber nicht ganz genau hingucken…

3 Gedanken zu “Das Ziel ist das Ziel – Mexico

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