Krank in Chos Malal
Taeusche ich mich, oder habe ich mein Zelt tatsaechlich in den Innenhof eines Hundetierheimes, dass sich mitten auf einem Autobahnkreuz befindet, gestellt, hier in Chos Malal? Nach der Reise in die Stille ist das naechtliche Geklaeffe der Hunde und das Gedroehne der Motoraeder und Autos unertraeglich. Ich kann kaum schlafen.

There is no other place to sleep?
Einen Tag Pause will ich hier machen, bevor es wieder in die Einsamkeit gehen soll, auf einer kleinen Schotterpiste nach Barrancas. Ich will zurueck, in die Stille. Und dann kommen die Halsschmerzen, der Weg zur Toilette wird immer anstrengender, die Nase laeuft. Ich bleibe noch eine Nacht und noch eine und noch eine. Ich werde ungeduldig, 2300 Kilometer sind es noch bis Salta. Knapp zwei Monate habe ich Zeit dafuer. Und puenktlich zum 1.Mai ist tatsaechlich der Herbst gekommen. Der Wind weht, dunkelgraue Wolken am hellgrauen Himmel. Die Sonne laesst sich seit Tagen nicht blicken, die Baeume sind fast kahl. Aber es hilft nichts, ich muss abwarten.
Ruben und seine Karre
Auch Ruben sitzt hier fest. An einem festen Ort haelt er es nur kurz aus. Er reist, arbeitet ein paar Tage hier und dort, zieht weiter.

Ruben
Zuerst trampend und seit einigen Monaten mit seinem „neuen“ tatsaechlich 77 Jahre alten Auto. Mit laufendem Motor macht dieses Auto Krach wie ein Traktor, eine Bohrmaschine und ein Blaetterpuster zusammen. Die Motorhaube wird durch einen Draht unten festgehalten, damit sie nicht ploetzlich waehrend der Fahrt nach oben schnellt. Die Fenster schliessen nicht, Tuerschloesser gibt es keine. Tuerverkleidungen innen auch nicht. Kabelstraenge haengen herum. Ruben will damit nach Peru, irgendwie, die noetigen Papiere hat er nicht. Aber erst einmal faengt es bei einem kurzen Ausflug, 200 Meter ist er gekommen, ploetzlich im Motorraum zu brennen an. Irgendwie hat die Oelleitung Feuer gefangen. Ruben loescht das Feuer mit seinem einzigen Handtuch und nach zwei Tagen hat er tatsaechlich das Auto wieder zum Laufen gebracht.
Ich verharre auf dem Campingplatz, warte auf Gesundung und nichts passiert. Ich bin angepisst und beschliesse am naechsten Tag zu fahren. Scheiss drauf.
Nach dem Packen und den ganzen Einkaeufen bin ich so fertig, dass ich am liebsten wieder zurueck auf den Campingplatz fahren wuerde, Zelt aufbauen, duschen und ab ins Bett, bzw. auf die Isomatte. Ich entscheide mich dagegen. Es geht bergauf, der Wind kommt von vorne.
61 gefahrene Kilometer spaeter bin ich wieder fit und bleibe fit.

simply great and never boring
Die spannende Frage
Es geht Huegel hinauf und hinunter. Baeume sehe ich immer weniger. Eine Nacht schlafe ich im kleinen Gemeindesaal einer Kirche, nachdem ich zuvor am Gottesdienst teilgenommen habe.

Sleeping at a church
Der erste katholische Gottesdienst in meinem Leben. Inhaltlich laesst sich darueber diskutieren, aber die festliche Stimmung, das gemeinsame Liedersingen, der Pastor spielt Quetsche dazu, haben mich tief beruehrt. Gottesdienst gibt es nur alle zwei Wochen, weil ein Pastor gleich mehrere Kirchen „bedienen“ muss.
Eine andere Nacht steht mein Zelt im Hof eines kleinen Hauses. Spaet am Abend komme ich im Dorf an, frage bei der Schule, beim Gesundheitszentrum und lande letztendlich bei Claudia im Hof. Bis nachts um 1:00 Uhr unterhalten wir uns, ueber die Krise in Argentinien, ueber Claudias Liebe zu suedkoreanischen Soap-operas. Mit Claudia leben noch ihre Tochter und deren Tochter und mindestens fuenf Nichten und Neffen im Alter von zwei bis dreizehn im kleinen Haus voller Trubel. Warum sie nicht bei ihren Eltern leben, wollte ich nicht fragen. Und wie Claudia an Geld kommt, wenn sie den ganzen Tag Waesche waescht, kocht, einkauft, saubermacht, habe ich auch nicht gefragt. So um 23:00 Uhr verschwinden die aelteren Kinder in ihr eines Zimmer. Den zweijaehrigen hoere ich noch quitschfidel in der Kueche herumstrolchen als ich schon laengst im Schlafsack liege und versuche, einzuschlafen.
Ich versuche Campingplaetze und Hostels zu vermeiden. Es ist keine Herausforderung, sie zu finden, bieten keine Ueberraschung. Denn die spannenste Frage jeden Tag ist: Wo werde ich diese Nacht landen?
Die Bomberos Voluntarios (Freiwillige Feuerwehr) sind eine erfolgsversprechende Anlaufstelle. Ich stelle dort immer die Frauenfrage:“ Wieviele Frauen arbeiten hier?“ und die Antworten sind aeusserst unterschiedlich, ja gegensaetzlich. „Hier gibt es keine Frauen, das fuehrt nur zu Problemen.“ Oder aber, der Chef ist eine Chefin und der Frauenanteil liegt bei bis zu 50% – Ohne Probleme.
Auch die Polizei ist manchmal mein Freund und Helfer und laesst mich bei ihnen, bzw. besser gesagt neben ihnen das Zelt aufstellen.

Camping in a Police garage
Wenn ich Glueck habe bieten sie mir ihre Kueche und eine Dusche an. Ausser ab und zu ein Verkehrsunfall passiert nichts. Alle zehn Monate, so erzaehlt mir ein Komissar, wird er an eine andere Stelle abkommandiert. Warum? Um keine Vetternwirtschaft aufkommen zu lassen.
Es sind die spontanen herzlichen Begegnungen und Unterhaltungen, an die ich mich erinnere, wenn ich an die letzten fuenf Monate zurueckdenke, die ich schon unterwegs bin. Die vielen langen, manchmal sehr anstrengenden Stunden auf dem Fahrrad verschwinden so langsam aus dem Gedaechtnis. (Nur den Wind in Patagonien werde ich nicht vergessen). Es sind diese Begegnungen, die diese Reise ausmachen. Und ich komme zum Schluss: Ich mag dieses Land mit seinen so neugierigen, spontanen, herzlichen und hilfsbereiten BewohnerInnen.
„Es complicado.“
Kurz vor Mendoza strande ich in Ugarteche, um weiterzufahren, ist es zu spaet. Ich weiss, Ugarteche ist unsicher.

auf nach Mendoza
Ich fahre zur Polizei, die will mich nicht beschuetzen. Der Polizist betont noch einmal, dass diese Stadt „complicado“ ist, sagt mir aber, dass es eine Tankstelle zurueck an der Hauptrasse gibt, die 24h offen ist. Dort darf ich mein Zelt aufstellen. Eine schlaflose Nacht liegt vor mir. Die Vororte von Mendoza sind ebenfalls unsicher. Ich will nicht sagen, dass Ueberfaelle an der Tagesordnung liegen, aber ich kenne haufenweise Berichte von RadfahrerInnen, die Pech hatten. Ich verstecke vorsichtshalber meine Kamera in einer der hinteren Fahrradtaschen, packe Zwiebeln und das Honigglas in die Kameratasche vorne in die Lenkertasche und rase mit 25km/h an den aermlichen Haeusern vorbei. Die Ruta 40 ist bald als Autobahn ausgewiesen. Ob ich auf Autobahnen in Argentinien Fahrrad fahren darf, weiss ich nicht. Ist mir in dem Fall auch egal. Sie ist die sicherste Strasse ins Zentrum Mendozas.
Zwei Stunden eher als geplant komme ich an. Erleichtert.
And life inbetween:
Nach fast zwei Monaten sehen wir uns in Mendoza wieder: Krista, Sam, Daisy und Banjo, die mit ihren Raedern in Tierra del Fuego gestartet sind.

Happy to see each other again: Krista, Sam, Daisy and Banjo from Australia
Auch Ueli und Susanne, die seit mehreren Jahren mit ihrem Wohnmobil unterwegs sind, treffe ich nach vier Monaten zufaellig auf einem Campingplatz wieder und wir verbringen einige Tage zusammen.
Durch den Canyon Atuel:
Press on foto to enlarge
Weil mein Visum fuer Argentinien so langsam auslaeuft, sage ich nicht nein, und fahre im Auto mit. Trinke Mate, hoere Metallica und geniesse die furchtbare Schotterstrasse unter den Autoreifen.
Press on foto to enlarge
Unterwegs

Was gibt’s?

Kiosk in 500m?

Mittagspause auf dem Pass (2000mNN)

Slowly it’s getting cold

Alles Plastik

Ruta 40

Wein und die Anden

Sonnenaufgang in Mendoza