Into the Silence

Reise in die Stille

Es ist still, nichts ist zu hoeren, ausser, nein, nichts ausser. Die absolute Stille. Keine Baeume in denen sich der Wind verfangen koennte, keine Insekten, die summen, keine Graeser, die rascheln, kein Wind. Ich lausche der Stille. Sie ist eindringlich, im wahrsten Sinne des Wortes, erreicht meine Mitte, die ich durch diese Stille erst so richtig spueren kann.

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just me

Ich bin ganz ploetzlich ganz viel, denn alles, was von mir ablenken koennte ist nicht da. Ich bin bei mir, ganz nah, zu nah? Es ist ein gutes Gefuehl, ein zufriedenes, glueckliches, ein leichtes und doch auch irgendwie ein schweres, melancholisches. Die Yogapraktizierenden wuerden vom „Sonnengeflecht“ sprechen. Es waermt. Ist heiss, fast zu heiss. Meine Gefuehle spielen verrueckt. 

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Shadow on the wall

Die einzigen Geraeusche weit und breit verursache ich selbst, der Zeltreissverschluss, der Benzinkocher, das Tuetenrascheln, Zaehneputzen.

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in the morning

Und am naechsten Tag, nachdem ich startklar neben meinem Fahrrad stehe, mich von dem wunderbaren Schlafplatz verabschiede und mich fuer die friedliche Nacht und den vergangenen Tag bedanke, kommen mir wieder die Traenen vor Glueck, Dankbarkeit und Freude. Dass es am zweiten Tag zu nieseln anfaengt, ist nicht schlimm. Im Gegenteil, es taucht diese karge, huegelige Landschaft noch einmal in ein ganz anderes Licht, fast schwermuetig. 

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Lonelyness

Ich lasse mir Zeit, bleibe einen Tag einfach liegen, bleibe sitzen, lasse den Tag an mir vorueberziehen und die Stille auf mich einwirken. Ich bin tatsaechlich so entspannt innerlich, dass ich bei meinem ploetzlichen Einfall, mich zu dehnen, so weit „runterkomme“, wie noch nie. 

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silence

Es ist ein weiter Weg in diese Einsamkeit der Ruta 4 zwischen ihrem Anfang in El Hueco und ihrem aprubten Ende auf der asphaltierten, lauten Ruta 40.

Zunaechst auf der Ruta 23 durch Aukazienwaelder, die von Kilometer zu Kilometer immer mehr ausduennen, bis es nur noch durch mit vertrockneten Straeuchern bewachsene Fels- und Steinlandschaften geht.

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asphalt ends

Immer hoeher und holpriger.

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wonderful

Einsam ist es hier nicht, in diesen Tagen. Es ist Osterwochenende. Parkende Autos stehen in Sichtweite. Die Argentinier geniessen ihre Natur. Mir wird ein Glas Wasser angeboten, dann eine Dose Bier, dann ein Stueck Kuchen, denn Julia feiert heute ihren 13. Geburtstag.

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birthday

Seit fuenf Jahren feiern die Tanten, Mama, Papa, Tochter, Sohn, und Oma hier unter genau diesen sechs Aukazien Ostern, 500 km entfernt von ihrer Heimat. Das Lagerfeuer brennt. Asado gibt es heute nicht. Stattdessen Thunfisch aus der Dose und Reis. Es ist Karfreitag: Fastentag – kein Fleisch. Der Alkohol dagegen fliesst in Stroemen. Ich werde eingeladen zu bleiben und stelle mein Zelt in schnarchgeraeuschsicherer Entfernung auf.

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celebrating eastern under these trees

Vadder saeuft immer mehr, geht allen, aber vielleicht mir am meisten mit seinem emotionalen Getraeller auf den Keks. Die anderen nehmen es mehr mit Humor, jaulen wie die Hunde dazu und als auch ich mit ins Gejaule einfalle, ist es fast witzig, so einigermassen. Die Tochter sagt irgendwann: „Callate!“ – „Sei still!“. Aber Vadder hoert nicht. 

Am naechsten Morgen entschuldigt sich Vadder bei mir und verspricht, beim naechsten Mal besser zu singen….

Weiter gehts, auf 1800 mNN hinauf, mein bisher hoechster Punkt auf dieser Reise.

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higher and higher

Ich erreiche die asphaltierte Hauptstrasse und es geht 1000 Hoehenmeter hinunter, die ich nicht so ganz geniessen kann, weil es schon spaet ist, ich kein Wasser mehr habe und ein Schlafplatz weit und breit nicht zu entdecken ist.

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back on asphalt

Ich hoffe, an der Abzweigung ein Restaurant zu finden. Aber nichts. Gaehnende Leere. In Japan, so denke ich, wuerde hier jetzt ein 7eleven stehen, mit lecker Cafe, beheiztem Sitzklo und Internetanschluss. Aber ich bin nicht in Japan. Wenige Kilometer weiter finde ich, was ich brauche. Eine kleine Farm, bei der ich mein Zelt aufstellen kann. Die Enkelkinder sind gerade zu Besuch, Uma (8) und Abel (3), reiten um mich und das Zelt herum, stellen mir neugierig Fragen. Der kleine Abel hat sein Pferd noch nicht so richtig im Griff, aber er hat sichtlich Spass. Sein Pferd macht, was Umas Pferd macht, und Umas Pferd macht, was Uma will. Sie beherrscht ihr Handwerk wie eine Erwachsene.

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Abel and Uma

Als Uma mich fragt, ob ich auch mal will, sage ich natuerlich nicht nein. Die Steigbuegel sind fuer Kinderfuesse gemacht, und so passe ich nur mit Socken hinein. Auch sind sie so hoch, dass ich auf dem Pferd sitze, wie ein Jockey. Aber das macht nichts. Und weil Uma noch zu klein ist, wieder alleine auf ihr Pferd zu kommen, helfe ich ihr mit Raeuberleiter.

Am naechsten Tag bin ich schlauer und nehme gleich ausreichend Wasser mit. Schleppe es den ganzen Tag mit mir herum und brauche es nicht, weil ich in Loncopue wieder einmal bei der Feuerwehr unterkomme. 

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Bomberos in Loncopue

In Loncopue finde ich auch ein stilvolles Cafe, mit suessen Stueckchen und tatsaechlich leckerem Cappuchino. Ich geniesse diesen kurzen Augenblick des Eintauchens in ein normales Leben. Meine Reise rueckt fuer einen Moment in weite Ferne. Einfach nur dasitzen, auf einem Stuhl an einem Tisch. Buch lesen, ab und zu einmal hochschauen, Leute gucken, am Cappuchino nippen, Milchschaum umruehren. Ich bestelle einen zweiten.

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enjoying life

Einen Tag spaeter erreiche ich die Ruta 4 und fahre hinein in die Stille. 

 

And life inbetween:

a little Mapuche-School

 

Little village on my way into the silence

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Road impressions

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Dust

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more dust

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Dust

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stopsign for heavy traffic

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Geier warten schon

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fast verloren…6km Umweg

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after Rain

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back in the noise

2 Gedanken zu “Into the Silence

  1. Moin Heike, supergute Fotos, will davon ein Kalendarium 2021 mit passenden Monatsmotiven… zahle bar.
    Ganz schön crazy die Landschaft, aber irgendwie paßt Du da rein, Haare, Farben, einfach Vieles gleich.
    Ein Kind der Steppe, des Windes, der Schotterstraßen.
    Heuer ist Feiertag und Christi jettet zum Vadder nach oben.
    Ab und an fragen Kunden/Bekannte nach Dir und wir schauen auf Deine Seite.
    Vergiss bitte nicht ein schönes Plätzchen in Mexiko zu suchen, kleines Boot dabei wäre cool.
    Liebe Grüße und Saft in Deinen Beinen
    Jockel

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